Der Eggeweg - 85km an Ostern 2006

Karfreitag
6 Uhr, der Wecker klingelt uns zu einer absoluten Feiertags Unzeit aus dem Bett. Die am
Vorabend gepackten Rucksäcke werden schnell um das fehlende ergänzt, der Picknickkorb für
das Frühstück auf der Autobahn gepackt und los geht es. Kein Mensch ist auf der Straße zu
sehen. Damit entgehen wir jedoch auch dem Osterverkehr (und können den strömenden Regen
ungestört genießen) und sind nach etwa eineinhalb Stunden in Warburg, wo wir unser Auto
unter einer einsamen Laterne parken und den ICE, der hier in jedem Dorf hält, nach
Altenbeken nehmen. Dort müssen wir umsteigen und sind um 10:45 in Horn Bad Meinberg. Hier
startet unsere diesjährige Ostertour, eine 85km lange Wanderung über den Eggeweg bis nach
Marsberg.
Wir planen, die ersten beide Nächte zu campen und die letzte in einem Gasthof zu verbringen,
da es dort keinen Campingplatz gibt. Somit haben wir dank Zelt und Kocher sowie Proviant für 4
Tage volle Rucksäcke, und ich bin gespannt ob wir die Tour wie geplant schaffen.
Zum Glück hat es jetzt aufgehört zu regnen, man kann die Sonne bereits erahnen
und die Temperatur beträgt 12 Grad.

Die erste Etappe führt uns von Horn aus dem Ort hinauf zu den imposanten Externsteinen und
anschließend über schöne gewundene Waldpfade den Höhenzug entlang. Es sind noch einige
Tagesausflügler unterwegs, aber die nächsten Tage werden wir kaum mehr Menschen am Weg
begegnen.

Unser Picknick haben wir gerade hinter uns, die Spinatsuppe mit frischen Gnocchi
schaukelt noch zufrieden im Magen, da können wir der Terrasse der romantisch mitten im Wald
gelegenen Silbermühle nicht wiederstehen, die wirklich malerisch im Tal des Silberbachs liegt.

Der Kuchen schmeckt ausgezeichnet und auch das Bier haben wir uns bereits verdient. Weiter
geht es über Wege die so anmutig verschlungen zwischen den Felsen am Silberbach entlang
führen, dass wir begeistert und ausgiebig Fotos machen. Wir haben heute noch
keine einzige Wirtschaftsweg-Wanderautobahn gesehen!

Nach einem längeren schweißtreibenden
Aufstieg aufgrund der ungewohnten Last auf dem Rücken erreichen wir bald den hochgelegenen
Velmerstot (441m), wo es auf sandigen Wegen zwischen Heidekraut, niedrigen Büschen und
Krüppelkiefern die Hochfläche entlang geht.

Hier fegt der Wind, was uns aber nicht daran
hindert die ungewohnte Landschaft zu genießen.

Kurz vor dem sich anschließenden Preußischen
Velmerstot beginnt es zu regnen und nach kurzer Aussicht flüchten wir in den Wald. Zum
Glück verzieht sich der Regen schnell. Auf die Besteigung des Eggeturms verzichten wir,
ich bin froh um jede Stufe die ich mir heute ersparen kann.

Nun verläuft der Weg parallel zur
kleinen Straße und führt
uns geradeaus den Eggeweg entlang bis auf die Höhe des Örtchens Kempen, wo wir den Weg
für heute verlassen und uns erleichtert an den Abstieg machen. Der Regen will uns auf dem
letzten Kilometer noch ärgern und durchnäßt kommen wir am Campingplatz an.
Der Platz ist recht voll, aber der Bauer, der ihn betreibt schickt uns los, ein Plätzchen
auf der Zeltwiese zu suchen. Von weitem schon erkennen wir einige wehende Fahnen im Wind,
ein großes Gruppenzelt und mehrere kleine Zelte drum herum. Ich zähle 12 volle Bierkisten
und überschlage, daß bei vier 2-Mann Zelten an diesem Abend eine intensive Party geplant
zu sein scheint. Ich gehe keinen Schritt weiter und überrede Markus, uns einen anderen
Platz für das Zelt zu suchen. Markus schlägt eine Stelle vor, die strategisch
ungünstig zwischen den Bierkistenbesitzern und der Toilette liegt, und daher auch
nicht in Frage kommt. Man stelle sich die Völkerwanderung in der Nacht vor, bei der
jeder über unsere Zeltschnüre fallen wird. Ich
strebe einen großen Platz weit weg an, der offensichtlich für Wohnwagen
gedacht ist. Markus ist es egal und so bauen wir auf.
Die Nachbarn in den Wohnwagen beobachten uns mitleidig aus ihren beheizten Wohnzimmern
und Vorzelten. Anschließend schlendern wir über den Platz und kaufen beim Bauern ein paar
Flaschen Wasser. Das Bier ist ausverkauft, das wundert uns nicht, wir haben unterwegs
diverse Kisten unter den Wohnwagen und bei den Jungs mit den Fahnen gezählt.
Da es noch zu früh zum Essen ist, legen wir uns zu einem aufwärmenden Nachmittagsschlaf ins
Zelt. Draußen wird es jetzt schon unangenehm kalt. Wer einmal im Schlafsack liegt, kommt so
schnell nicht wieder heraus. Leider komme ich um das Kochen nicht herum, allerdings stellen
wir dazu den Kocher im Vorzelt auf und heizen somit merklich. Nach dem Spülen flüchten wir in
die nahegelegene Kneipe um uns wieder aufzuwärmen. Dort verfolgen wir fasziniert die hitzigen
Debatten um Dauercamper, Wohnwagen, Zugmaschinen (Geschosse!) und Wohnmobilfahrer, und daß Camping
eigentlich die teuerste Art von Urlaub ist, man bedenke die Ausstattung, dafür könne man sich fast
ein Reihenhaus kaufen. Für Unterhaltung ist bestens gesorgt. Auf dem Rückweg merke ich die heutigen
16 km in den Füßen und es wird auch schon empfindlich kalt.
Als wir nachts gegen eins noch einmal raus müssen, ist das Zelt bereits steif gefroren und
glitzernder Frost liegt über den Wiesen. Es ist Vollmond, sternenklar und wir messen 0 Grad
im (durch uns aufgewärmten) Innenzelt!
Samstag
Wir wachen gegen 7:30 auf. Das Zelt ist noch immer steif gefroren und ich friere in meinem
Schlafsack. Das beweist, daß entweder die Herstellerangaben zu enthusiastisch sind oder Frauen
eben doch einfach schneller frieren.

Markus und ich tauschen schnell die Schlafsäcke und ich
taue in seinem aufgewärmten Winterschlafsack langsam auf.

Markus holt Teewasser und wirft den
Kocher im Zeltvorraum an. Kurz darauf wird es im Zelt warm und es beginnt überall zu
tropfen. Draußen scheint die Sonne von einem strahlendblauen Himmel. Die Nachbarin aus dem
Zelt neben uns erklärt einer anderen Camperin, wie sie ihrem Hund aus Decken und Kissen ein
warmes Plätzchen im Zelt gebaut haben, und ich denke neidisch, daß er bestimmt weniger
gefroren hat als ich in der letzten Nacht!
Nach dem Frühstück müssen wir warten bis das Zelt abgetrocknet ist. In der Zwischenzeit stellen
wir fest, dass das Spülwasser wärmer ist als die Duschen und verzichten auf letzteres. Das
Waschbecken muß reichen und anschließend kann man sich unter dem Fön wieder aufwärmen.
Wir kommen heute spät los, erst gegen 11 Uhr und haben eine lange Etappe vor uns. Zurück auf
dem Eggeweg führt dieser uns zunächst einige Kilometer ziemlich geradeaus bis zum Rehberg, dort
kreuzen wir die Straße, nachdem wir in einer Hütte unser Mittagsmahl gekocht haben.

Hier haben
wir für heute auch die ersten Wanderer getroffen. Wir sind etwas in Eile, da wir nach dem
Mittagessen erst ein Drittel der Strecke für heute geschafft haben. Man sollte einfach früher
losgehen... Also beschleunigen wir den Schritt und nehmen uns vor, ohne Rast erstmal ein bißchen
Strecke zu machen. Seit dem Überqueren der Straße hat sich der Eggeweg zu einem teils geteerten
Wirtschaftweg entwickelt, was eher langweilig ist. Nach dem gestrigen Verlauf sind wir heute
vom zweiten Teil der Strecke etwas enttäuscht. Von dem Weg, der sich rühmt, der erste
Top-Wanderweg in Deutschland zu sein und zudem naturbelassen sein möchte, hätten wir nicht
fast 10 km geteerten oder stark ausgefahrenen Wirtschaftsweg erwartet.

Das Wetter wird jetzt kühler, es zieht sich deutlich zu und ein Wind kommt auf. In einem lichten
Buchenwäldchen treffen wir auf riesige grüne Bärlauchfelder und sammeln uns eine Ergänzung zu
unserem Abendessen. Da es schon spät wird, beschließen wir, vom Eggeweg abzuweichen und eine
Abkürzung nach Neuenheerse zu nehmen. Meine Füße schmerzen, heute sind wir bestimmt schon 20km
gelaufen und noch lange nicht am Ziel.

Nach Überklettern eines Zauns treten wir aus dem Wald und
sehen bald das Dorf vor uns. Nach unseren Informationen soll der Campingplatz am anderen Ende
liegen. Als wir an einer Bank rasten und ich mit dem Fernglas den Horizont nach unserem
anvisierten Nachtquartier absuche, ahne ich fürchterliches, denn dort, wo der Platz sein soll,
müßten wir ihn von hier aus auch sehen können. Doch nichts ist als solches zu erkennen. Die
Stimmung sinkt und ich überlege schon, wo wir in diesem winzigen Ort wohl ein Bett finden werden.
Markus ist zuversichtlich, er will auf jeden Fall bis zum beschriebenen Campingplatz laufen.
Seltsamerweise haben wir im Internet auch nur Verweise auf ihn gefunden, aber keine eigene
Homepage. Er wude aber überall als ganzjährig geöffnet angepriesen und es gab vielversprechende
Fotos. Nach einer weiteren knappen Stunde Marsch stehen wir vor einem offensichtlich verlassenen
und verschlossenen Jugendzeltplatz, weder attraktiv noch meinen Ansprüchen an Camping in
irgendeiner Form genügend. Hier schlafe ich nicht! Wir machen uns resigniert an den Rückweg ins Dorf,
tapfer schleppen wir uns bis zu einem Gasthof, in dem wir nach Zimmern fragen. Es gibt zwar
keine Zimmer hier aber die Wirtin verschwindet mit einem "ich kriege Sie schon unter" zum
Telefon und tatsächlich, nach einigen Minuten erscheint sie wieder und führt uns vor die
Tür, wo sie auf ein Haus schräg gegenüber deutet, wo sie uns angekündigt hat. Nach
mehrfachem Klingeln erscheinen Herr und Frau Kurze und weisen uns in ein riesiges Zimmer,
und da wir die einzigen Gäste sind, auch mit eigenem Bad ein. Wir werden herzlich aufgenommen und genießen
erst einmal die heiße Dusche, dann laufen wir zum Gasthaus zurück und bestellen Wildwürstchen,
Hirsch und Lamm, alles sehr lecker und reichlich. Der Vorteil an über 20 Wanderkilometern ist,
daß man ohne schlechtes Gewissen riesige Portionen verschlingen kann! Gegen 21:30 sind wir reif
für das Bett, die heutigen 20km haben zumindest mich und meine Füße geschafft.
Ostersonntag
Unüberhörbar rauscht der Regen vor dem Fenster nieder. Wie versprochen erscheinen wir um 8:30 zum
Frühstück. Herr und Frau Kurze lassen sich abwechselnd bei uns zur Frühstücksunterhaltung nieder.
Irgendwann schenkt Markus demonstrativ Kaffee ein, sonst kommen wir hier heute nicht mehr weg.
Die 50 Euro für das Zimmer sind zwar mehr, als der Campingplatz gekostet hätte, aber es hat sich
auch gelohnt und wir bereuen es nicht. Immerhin haben wir noch keinen feuchten Faden am Körper,
wohingegen wir auf dem Campingplatz jetzt das tropfnasse Zelt einpacken müßten. Mit guten
Wünschen ausgerüstet starten wir wohl verpackt in unseren Regenhosen und -jacken.
Der Weg
führt in einem weiten Bogen auf die verlassene Egge hinauf. Auf einem Feldweg rettet Markus
einen Molch vor dem sicheren Tod durch Autoreifen. Nach diesem ersten sollen heute noch
hunderte Molche unseren Weg kreuzen.

Es scheint sich einzuregnen aber nach einer Weile stört
es uns nicht mehr. Nachdem wir unter der stillgelegten Eisenbahnbrücke hindurch sind,
erreichen wir den stillen Eggeweg. Heute, an diesem verregneten Ostersonntag treffen
wir höchstens ein paar Wildschweine! Kaum haben wir das ausgesprochen, erkennen wir an der
nächsten Hütte eine Gruppe bunter Regenmäntel. Beim Näherkommen sehen wir eine Gruppe
älterer Damen, die ihre erste Pause in der Hütte machen. Wir werden begrüßt, ausgefragt
und von allen Seiten mit mehreren Schokoladenostereiern beschenkt, und hören, daß die
Gruppe auch den Eggeweg läuft, in umgekehrter Richtung, und daß auch sie fast noch
niemanden getroffen haben. Erfahrungen werden kurz ausgetauscht, dann mahnt eine der
Damen zum Morgengebet und wir laufen weiter, auch die heutige Etappe wird lang. Der Weg
heute entschädigt für die gestrige Tour; große Strecken geht es durch nebelverhangene
einsame Wälder in feucht-sattem grün, der Pfad schlängelt sich durch engstehende nasse
schwarze Stämme und erscheint unwirklich.

An mehreren wassergefüllten tiefen Furchen
entdecken wir zahlreiche Molche. Markus ist nicht wegzubewegen und stochert und schiebt vorsichtig mit einem Zweig. Die Molche sind wegen der niedrigen Temperaturen ziemlich
langsam und lassen sich aus dem Wasser fischen und begutachten.

In anderen Tümpeln finden wir
Millionen von Frosch- oder Kröteneiern, die glibberig in großen Klumpen aneinanderkleben. Markus
versucht die Population einer austrocknenden Pfütze zu retten und riskiert in seinem Eifer fast,
samt Gepäck ins Wasser zu fallen, um große Klumpen von Eiern in größere Wasserlöcher umzuquartieren.

Der heutige Weg macht trotz des Regens Spaß, und es ist fast schon umheimlich wie wenig Leute
wir sehen.
Mittags lassen wir uns allein in einer großen Hütte nieder, stellen und hängen alles
zum Trocknen auf und packen das Mittagessen aus.

Wir sammeln in Ermangelung von mitgebrachtem
Trinkwasser einen Regentee, indem wir die beiden Töpfe unter je eine der Regenrinnen stellen
und schnell genügend Wasser für 2 Tassen Tee aufgefangen haben.

Nach einer ausgiebigen Rast
führt der Weg uns nun immer leicht bergab, über gewundene Pfade nach Süden. Trotz oder wegen
des Wetters kommen wir schnell voran und bald erreichen wir den Abzweig nach Kleinenberg,
dem heutigen Etappenziel. Jetzt zieht sich die Strecke aber doch allmählich, und meine
Jacke fängt an, undicht zu werden. Markus hat auf der Karte eine Hütte des Eggevereins
gesehen, die anscheinend teilweise bewirtschaftet ist und strebt diese jetzt an, in der
Hoffnung, man könne dort direkt am Weg übernachten. Es kostet ihn einige Überredung,
mich und meine müden Füße bei mittlerweile aufgekommenen Sturmböen und waagerecht uns
entgegen schlagendem Regen zu einem Umweg zu überzeugen. Nachdem ich noch in ein Schlammloch
getreten bin und nervös die sich im Sturm biegenden Bäume beobachte, sinkt meine Stimmung
allmählich. Beim Näherkommen entpuppt sich die Hütte, wenngleich sehr einladend wirkend,
als noch verschlossen und bedauernd machen wir eine kurze Pause auf der Bank unter dem
Vordach. Jetzt haben wir den Umweg umsonst gemacht und es bleiben noch knapp 2 Kilometer
bis zum trockenen Gasthof. Endlich ein Wegweiser, es ist der Landgasthof "Zur Niedermühle"
und liegt so einladend am Weg, daß ich nicht wiederstehen kann. Ein Schild weist uns
auf die Öffnung der Tür um 17:30 hin, und geduldig warten wir 20 Minuten unter dem
Vordach.
Der Wirt läßt uns kurz darauf mitleidig ein und nachdem er unsere Stiefel
und Jacken in den Keller gehängt hat und wir ein erstes Bier getrunken haben,
begutachten wir das gemütliche Zimmer. Anscheinend haben letzte Nacht auch einige
Wandere hier übernachtet, die heute die gleiche Etappe laufen wollten, wie wir
morgen. Nach langer Diskussion ob des Wetters haben sie sich von einem Taxi
aus Marsberg abholen lassen. Ts - Schönwetterwanderer! Wir sind erst recht stolz
auf die heutige Regenetappe! Nur mühsam trennen wir uns von Bett und heißer Dusche
um als die einzigen Gäste ein knuspriges Schnitzel und ein Steak mit erfreulich
üppigen Beilagen zu verzehren. Nach einem Sherlock Holmes Krimi im Fernsehen
fallen wir sofort in den Tiefschlaf, 22km haben nicht nur die Füße geschafft.
Ostermontag
Ein erster Blick aus dem Fenster ist ermutigend: es regnet nicht und es sind keine dunklen
Wolken mehr in Sicht. Heute liegt die letzte und längste Etappe bis nach Marsberg vor uns,
daher stehen wir recht früh auf und packen schon vor dem Frühstück die Rucksäcke. Als wir den
Frühstückraum betreten, sehen wir sogar noch zwei weitere Gäste. Unsere Schuhe und Jacken
liegen bereit, allerdings stellen wir bei näherem Nachsehen fest, daß der Heizungskeller wohl
kalt war, denn alles ist noch etwas klamm. Solange es nicht regnet sollte es aber kein Problem
bereiten.
Wir schaffen es heute sogar vor 10 Uhr loszukommen und erreichen schnell den Eggeweg nach einem
Aufstieg quer durch eine gerodete Schneise im Wald. Das Wetter scheint sich zu halten und wir wandern
schnell, um vor dem Mittagessen und dem ersten Regenguss einiges an Kilometern zu schaffen. Der
heutige Weg läßt sich vielversprechend an, nach einem Forstweg biegen wir seitlich ab und laufen
einen schmalen Pfad entlang eines Abhangs im Wald.

Wieder sind wir auf weiter Strecke die einzigen
Wanderer, aber wenn sich das Wetter hält, werden sicher gegen später einige Feiertags-spaziergänger
auftauchen. Nach einiger Zeit zweigt der Weg scharf nach links ab und führt steil und durch den
aufgeweichten Boden matschig und rutschig bis hinunter zur Straße, wo bereits das erste Auto auf
einem Wanderparkplatz parkt.

An einer großen Hütte machen wir kurze Rast und ziehen in den ersten
Sonnenstrahlen schon die Jacken aus. Nun beginnt ein langer unspektakulärer Aufstieg zur
Stadtwüstung Blankenrode. Auf halber Strecke beginnt es zu nieseln. Der Niesel verdichtet sich
schnell und trotz aller Vorsätze, heute keine Regenhose anzuziehen, kommen wir bald nicht mehr
darum herum. Kurze Zeit später erreichen wir den Beginn der Wüstung, der Pfad schlängelt sich an
Hinweistafeln vorbei durch den Wald, viel gibt es nicht zu sehen, eher zu erahnen, nur der
Jungfernbrunnen, der auch in trockenen Sommern noch Wasser führt, ist zu besichtigen. Es ist
wieder wärmer und trocken geworden. Am westlichen Tor der Stadtwüstung lassen uns zum ersten Mal
auf dieser Wanderung die Markierungen im Stich und wir packen nach einiger Zeit den Kompass aus.
Ein älteres Ehepaar weist uns aber den Weg und ist begeistert über unsere Tour mit komplettem
Hausrat auf den Rücken.

Ein äußerst malerischer schnurgerader Pfad führt zwischen wie symmetrisch angeordneten jungen Bäumen
bis zur nächsten Hütte, die wir für das Mittagessen ausgewählt haben. Die Hütte ist riesig und wir
breiten uns an einem überdimensionalen Tisch, der auf einem großen abgesägten Baumstumpf angebracht
ist, aus.

Bisher sollten wir etwa die Hälfte geschafft haben und liegen gut in der Zeit, daher
packen wir in Ruhe den Kocher aus.

Begleitet von neidischen Blicken vorbeifahrender Radfahrer und
Autofahrer essen wir ausgiebig und machen uns dann wieder auf den Weg. Gemäß Karte gibt es im
nächsten Dorf mehrere Einkehrmöglichkeiten, und die wollen wir nutzen. Tatsächlich haben wir
bald die Auswahl und entscheiden uns für ein Cafe, das aussieht wie das umgebaute Wohnzimmer
eines großen freistehenden Einfamilienhauses.
Die letzten 12 Kilometer liegen noch vor uns und wir halten uns nicht allzu lange auf. Der Weg führt
entlang einer Bleikuhle, laut Hinweisschild ist der Schwermetallrasen höchst selten und schützenswert,
dann wieder durch den Wald. Es handelt sich fast nur noch um befestigte Waldwege und das Eggegebirge
mit seinen zuvor einsamen Höhen gibt hier schon nach. Der Kontakt zur Zivilisation ist deutlich
größer als während der letzten drei Tage, aber uns bleibt nicht anderes übrig als nach Marsberg
zu laufen. In einem Dorf finden wir einen tröpfelnden Brunnen mit Trinkwasser und füllen geduldig
die Flasche auf. Der durchdringende Geruch nach Kuhstall liegt in der Luft und derselbe aufgemotzte
Golf mit unüberhörbarer Stereoanlage kurvt dreimal aus verschiedenen Richtungen an uns vorbei.
In einem Haus ist das Erdgeschoß als Pferdestall umgebaut, aus fast jedem Haus starren uns
Kühe gelangweilt an, und in einer Scheune steht ein gespoilerter Sportwagen zwischen 3
Traktoren, das wäre eigentlich ein gutes Fotomotiv. Unter den ungläubigen Blicken der Dorfjugend
verlassen wir den Ort und keuchen eine steile Straße hinauf. Kurz bevor wir oben sind, lädt ein
e Bank zur Teepause ein und wir stellen den Kocher Jesus am Kreuz zu Füßen auf, da dies der
einzige flache Platz ist.

Dann geht es auf zur letzten Etappe. Zwei Mountainbiker überholen
uns, sie sind den Hermannsweg gefahren, wie sie erzählen, 280km in vier Tagen.
Die Straße langweilt uns, nichts ist schlimmer als endlose geteerte Straßen. Endlich erreichen wir
das letzte Dorf vor Marsberg, nur der Abstieg ins Tal trennt uns noch vom Bahnhof. Die Zeit wird
allerdings knapp, es sind schätzungsweise noch 5 Kilometer und in einer Stunde fährt der Zug. Also
Zähne zusammenbeißen und im Laufschritt den schlammigen, wenig attraktiven Weg hinunter. Die Aussicht
auf einen bequemen Sitz im Zugabteil spornt an und trotz 20 gelaufener Kilometer schaffen wir die
restlichen in Rekordzeit und erreichen den Bahnhof noch 10 Minuten vor dem Zug. Dort treffen wir die
beiden Mountainbiker wieder, sie kommen auch aus Düsseldorf, und bis Warburg fahren wir im gleichen
Zug.
Jetzt spürt man im Nachhinein schon jeden Höhenmeter, egal ob bergauf oder bergab, und beim Aussteigen
fühle ich auch noch jeden einzelnen Muskel. Unser Auto steht glücklicherweise noch wo wir es verlassen
haben und erleichtert fallen wir in die Sitze. Auf der Fahrt nach Hause ist es schon schwer, sich
wach zu halten.

85 km in vier Tagen zu Fuß und 180km in 2 Stunden mit dem Auto zurück nach Hause!
www.eggeweg.de
www.traktorenmuseum.de/camping.php
www.silbermuehle.de
www.ikenmeyer.de/index_fl.htm
www.tourismus-katalog.de/?city=Lichtenau&hotel=Landgasthof+Zur+Niederm%FChle
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